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Certamen 2025

Certamen 2025

Antike Mischwesen und moderne Gentechnik – eine Übersetzung des Aristoteles als Grundlage der Interpretation – Donald John Trump als ein zweiter C. Iulius Caesar – Liebe und Rollenbilder bei Ovid und bei uns heute

Zum Certamen Franckianum vicesimum nonum: der Landesschülerwettbewerb des Landes Sachsen-Anhalt für die alten Sprachen in seinem 29. Jahr: Schuljahr 2024/2025

Sie haben richtig gelesen: ein vielfältiges Angebot unterschiedlichster Vorträge ließ schon sehr bald eine große Vorfreude auf die Endrunde im Oberstufenwettbewerb des Certamen Franckianum entstehen.

Doch bevor ich zum Wettbewerb der „Großen“ komme, lassen Sie mich zuerst einen Blick auf die Wettbewerbe der Unterstufe und der Mittelstufe werfen – auch hier haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer große Mühe gegeben und tolle Arbeiten eingereicht.

Certamen puerile

In diesem Wettbewerb nehmen Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 8 (Lateinunterricht ab Schuljahr 5 bis 7) und Schüler der Klassenstufen 9 bis 10 (Lateinunterricht ab Schuljahr 9) teil; sie sollten sich mit dem Mythos von Dido und Aeneas vertraut machen und die Gefühle und Gedanken der beiden am Ende unglücklich Liebenden in digitaler Form – Video, Hörspiel, Podcast – umsetzen. Die Schülerinnen und Schüler haben so vielfältig und oft mit so ähnlich guter Qualität gearbeitet, dass drei zweite Plätze vergeben wurden.

Die Preisträger waren:

Erster Platz: Lani Markwort, Charlotte Oehm, Mia Boos, Liliana Kulinski, Hannah Fernkorn, Dandera Petzke
Internationales Stiftungsgymnasium, Magdeburg

Zweiter Platz: Celina Dedlow, Mina Theren, Phila Thiemann
Norbertus-Gymnasium in Magdeburg

Zweiter Platz: Mattheo Friedemann, Louis Heinroth, Leonard Gutzer, Tobechi Tony Okoro, Leo Immig, Marlo Popko
Gymnasium „Georg Cantor“, Halle

Zweiter Platz: Moritz Neumann, Nicolai Papenburg, Frida Oertel, Vinzenz Twardy, Noah Rupprecht, Caspar Niedermeyer, Georg Kuschel, Augusta Döbber, Freya Balzer
Elisabeth-Gymnasium, Halle

Dritter Platz: Carl Friedrich, Gustav Riedemann, Richard Riedemann, Maximilian Weiwad
Landesgymnasium Latina „August Hermann Francke“, Halle

Sonderpreis: Katharina Mohr
Landesgymnasium Latina „August Hermann Francke“, Halle

Sie erhielt einen Sonderpreis für eine besonders kreative Gestaltung.

Certamen iuvenile

In diesem Wettbewerb nehmen Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 9 bis 10 teil; sie sollten sich mit zwei Gedichten aus den „Amores“ des Ovid vertraut machen und den hier auftretenden Konflikt einer Frau, die ihren Mann der Untreue verdächtigt, der sich zunächst verteidigt, dann aber den Ehebruch mit derjenigen Sklavin, die seiner Frau die Haare frisiert, offen zugibt, in digitaler Form – Hörspiel, Video, Podcast, – umsetzen.

Die Preisträger waren:

Erster Platz: Romy Sondershausen, Sophie Breitbach, Rosa Meinhardt
Landesgymnasium Latina „August Hermann Francke“, Halle

Zweiter Platz: Eric Gebhardt, Felix Neuber, Eric Geisler, Janis Raphtel, Alfred Heinicke, Kelechi David Okoro, Nils Jonathan Kressmann, Friedrich Berthelmann, Richard Seidel
Gymnasium „Georg Cantor“, Halle

Dritter Platz: Justus Hauschild
Gymnasium „Georg Cantor“, Halle

Dritter Platz Mia Gladkaja, Clara Tady, Albert Hildebrandt
Landesgymnasium Latina „August Hermann Francke“, Halle

Certamen Graecum et Latinum: für die Schüler der Schuljahrgänge 11 und 12

Nachdem in der ersten Runde (Übersetzung eines Textes aus dem Lateinischen)

154 Klausuren von 17 verschiedenen Schulen korrigiert worden waren, erreichten 102 Schülerinnen und Schüler die zweite Runde (wobei hier noch alle 17 Schulen im Rennen waren) – hier müssen sie eine Interpretations-Arbeit nach einem von sechs vorgegebenen Themen abliefern; diese Hausarbeit reichten dann 32 Schülerinnen und Schüler ein, die von 15 verschiedenen Schulen stammten. Die besten sieben aus dieser zweiten Runde erreichten dann die Endrunde, welche aus drei Teilprüfungen besteht: zunächst aus einem Vortrag zu einem selbstgewählten Thema aus der Antike, an den sich ein Kolloquium anschließt, danach zwei Einzelgespräche, in welchen die Jury die Persönlichkeit der Teilnehmer kennen lernen will.

Der erste Platz ging an die Schülerin Jette Pohl (Gymnasium „Georg Cantor“, Hallle): sie nahm sich zunächst die antiken Mischwesen der Kentauren vor und zeigte durch genaue Textanalyse, wie in diesen Mischwesen das wilde, von Affekten geleitete Tier mit dem rationalen Menschen vereinigt ist, dann erläuterte sie die heutigen Mischwesen, die genetisch geschaffen werden und dem Wohle der Menschen dienen sollen, indem menschliche Organe, die später transplantiert werden sollen, in Tieren wachsen; sie zeigte, wie in beiden Fällen Vorteile und Gefahren lauern.

Als Preis erhält sie die Aufnahme als Stipendiatin in die Förderung der Studienstiftung des deutschen Volkes.

Ein zweiter erster Platz ging an Lowis Undine Riech (Internationales Stiftungsgymnasium, Magdeburg): sie beschäftigte sich mit Wilhelm von Moerbeke, der den Aristoteles übersetzt hat – anhand von Stellen, die die Frage diskutieren, in welcher Form die unsterbliche Seele ewig weiterbesteht: behält sie nach dem Tod des Körpers alle die Erfahrungen und Erlebnisse, die sie während des Lebens gemacht hat, bei, oder bleibt ewig nur der Teil, der einmal fähig war, alle diese Erfahrungen und Erlebnisse zu machen und zu haben. Dann erörterte sie noch die Frage, inwieweit der Übersetzer Moerbeke Einfluss auf die Gedanken des Philosophen Thomas von Aquin genommen hat.

Auch sie erhält als Preis die Aufnahme als Stipendiatin in die Förderung der Studienstiftung des deutschen Volkes.

Sowohl Jette Pohl als auch Lowis Undine Riech haben die Jury nicht nur durch ihre Kenntnisse der antiken Inhalte und durch die gelungene Aktualisierung beeindruckt, sondern haben sich auch nach den Vorstellungen und Vorgaben der Studienstiftung des deutschen Volkes als Personen vorgestellt, die mit hoher intellektueller Leistung, mit überdurchschnittlichem Engagement und großer sozialer Kompetenz ihren Weg im Leben gehen.

Der zweite Platz ging an die Schülerin Ashley Lindau (Gymnasium Martineum, Halberstadt): sie verglich C. Iulius Caesar mit dem amerikanischen Präsidenten Donald John Trump und untersuchte dabei die beiden Personen, ihren Werdegang, ihre Rhetorik und ihre Kontrahenten in einem stets anschaulichen Vergleich. Dabei konnte man sich wirklich die Frage stellen, ob Geschichte sich nicht in manchen Details doch wiederholen kann – und ob wir, trotz unserem Wissen und unseren Kenntnissen, nicht immer noch charismatischen Persönlichkeiten verfallen können.

Sie gewinnt die finanzielle Unterstützung für eine Studienfahrt nach Italien oder in eines der Länder, die einst zum Imperium Romanum gehörten. Gestiftet wird dieser Preis von der Elisabeth-Lebek-Stiftung für Lebendiges Latein.

Der dritte Platz ging an die Schülerin Nathalie Drechsler (Werner-von-Siemens-Gymnasium, Magdeburg): sie verglich die Liebe und Rollenbilder, die sich in den Amores des Ovid finden, mit denjenigen unserer heutigen Zeit. Die Analyse der Schülerin zeigte, dass es nicht nur heute, sondern schon in der Antike ganz klar formulierte Rollen gab, die einer Frau oder einem Mann ein ganz bestimmtes Leben und Handeln vorschreiben wollten und auch vorgeschrieben haben. Aber nicht nur heute, sondern auch schon in der Antike gab es Frauen und Männer, die sich diesem Rollenbild nicht unterwerfen und ein eigenes, von ihnen selbst bestimmtes Leben führen wollten.

Sie gewinnt die finanzielle Unterstützung für eine Studienfahrt nach Griechenland. Dieser Preis wird gestiftet vom Freundeskreis der Franckeschen Stiftungen.

Die folgenden Teilnehmer erreichten die übrigen Plätze in der Endrunde; sie gewinnen wertvolle Bücher zu zentralen und bis in die heutige Zeit reichenden Themen der Antike. In alphabetischer Reihenfolge seien sie hier genannt:

Lennart Engel-Witte (Wilhelm-und-Alexander-von Humboldt-Gymnasium, Hettstedt): er beschäftigte sich mit dem Thema der Sklaverei im antiken Rom anhand eines Briefes des Philosophen Seneca. Er erläuterte die gesellschaftlichen, historischen und ethischen Aspekte der Sklaverei, stellte die ganz eigene Sicht des Seneca zu der Person des Sklaven dar und ging auch der Frage nach, ob es nicht auch heute noch Sklaven gibt – nicht dem Namen, aber der Stellung in der Gesellschaft nach.

Bennet Hädrich Ökumenisches Domgymnasium, Magdeburg): er nahm sich die „Kunst des Müßiggangs“ von Hermann Hesse und „De otio“ von Seneca vor. Er verglich die beiden Werke hinsichtlich ihrer wichtigsten Aussagen, machte auch Unterschiede in der Sichtweise beider Autoren deutlich und zeigte, dass für beide Autoren otium und Müßiggang nicht dasselbe sind!

Noah Mewes (Werner-von-Siemens-Gymnasium, Magdeburg): er ging der Frage nach, in welcher Art der Fährmann als Symbol der Jenseits-Vorstellungen in der Aeneis des Vergil gesehen werden kann. Charon, der Fährmann, der die Seelen in der Unterweilt über den Fluss Styx bringt und dabei den Obolus an sich nimmt, eine Münze, die dem Toten bei der Beerdigung in den Mund gelegt worden ist: welche Funktion hat er im antiken Denken? Kennen wir ähnliches in anderen Religionen?

Am Ende möchten wir uns bei unseren Sponsoren – dem Freundeskreis der Franckeschen Stiftungen und der Elisabeth-Lebek-Stiftung für Lebendiges Latein – ganz herzlich bedanken: ohne ihre großzügigen Geldgaben wäre dieser Wettbewerb nicht möglich.

Bedanken möchten wir uns auch bei allen Kolleginnen und Kollegen im Land Sachsen-Anhalt, die ihre Schülerinnen und Schüler bei der Teilnahme am Wettbewerb mit hohem Engagement unterstützt haben und damit ebenfalls zu einem guten Gelingen des Certamen Franckianum beigetragen haben.

Einen herzlichen Glückwunsch möchte ich allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern und deren Lehrerinnen und Lehrern aussprechen und für uns alle sagen: wir freuen uns auf ein Certamen tricesimum im nächsten Jahr – mögen die Götter es uns gewähren, dass unser Wettbewerb auch weiterhin viele Schülerinnen und Schüler zu außergewöhnlichen Leistungen motiviert, die uns allen Freude bereiten.

Stephan Mies
Halle, den 10. Juni 2025

Preisträger Oberstufe mit Juroren